Julius von Ruhrwohl: Ein ganz normales Leben

Julius wohnt in Bochum, arbeitet in Münster, bloggt über ganz viele verschiedene Themen und beackert seit diesem Jahr ein Feld. Wir haben mit dem supersympathischen PR-Mann Unkraut gezupft und den Tippelsberg besucht.

Seinen Blog „Ruhrwohl“ lesen wir schon lange, seine Posts und Storys auf Instagram @ruhrwohl aus seinem Alltag oder von seinen Reisen sind eine Wohltat in dieser Social Media-Blase, wo uns Stars, Sternchen und Fräulein Kokoschinski von nebenan ein perfektes Hochglanzleben vorgaukeln. Auch wenn sich Julius mit Themen wie Interieur, Food & Drinks, Travel und natürlich Ruhrpott beschäftigt, sind seine Beiträge bodenständig, informativ und nicht auf kurzfristige Effekte aus.

Wir treffen Julius an einem heißen Sonntagnachmittag Anfang Juni auf seinem Acker in Bochum. Er erklärt uns kurz sein Feld mit Erdbeeren, Rotkohl, Kopfsalat, Kohlrabi, Kürbis, Gurken, Rote Beete, Spinat, Kartoffeln, Grünkohl, reicht uns eine kleine Hacke und wir zupfen gemeinsam das Unkraut aus der Erde.

Julius, kommst du aus dem Ruhrgebiet?

Pottleben - Bei Julius auf dem Feld

„Nein, ich komme aus einem kleinen Kaff bei Paderborn, erzkatholisch und langweilig. Dort wollte ich nur weg, ich bin nach Erlangen und habe Medien- und Politikwissenschaften studiert. 2010 bin ich der Liebe wegen ins Ruhrgebiet gezogen. Das war erst einmal ein Kulturschock,“ Julius lacht und wir wissen, was er meint. „Aber nach einem halben Jahr hatte ich mich dran gewöhnt. Die Liebe hielt nicht und plötzlich saß ich allein in Bochum. Ich entschied mich zu bleiben. Und so habe ich angefangen, das Ruhrgebiet anzugucken. Erst bin ich zu den Touristenorten gefahren, dann habe ich immer mehr tolle Orte gefunden. Ich bin immer mit dem ÖPNV unterwegs. Da braucht man manchmal sehr lange, um irgendwohin zu kommen.“

Und dann hast du angefangen zu bloggen?

„Irgendwann später, ja. Ich habe tolle Leute kennen gelernt, z. B. Juli, die mit „HeimatPOTTential“ überall unterwegs war oder Tine von ‚Pottlecker‘, die hat da hinten ihr Feld.“

Verdienst du Geld mit deinem Blog?

„Nein, der Blog ist nur Freizeit. Ich habe einen richtigen 40-Stunden Bürojob in einer PR-Agentur in Münster. Das Bloggen ist aber ein guter Ausgleich. In der PR kann man ja nicht so frei schreiben und die Themen sind auch enger. Da wollte ich nebenbei etwas Kreatives machen. Wobei ’nebenbei‘ hört sich immer so leicht an. Ich stecke da schon ziemlich viel Zeit rein. Bei Rezepten darf man z. B. nicht einfach abschreiben. Ist dir mal aufgefallen, in wie vielen Rezepten Fehler bei den Zutaten- oder Maßangaben enthalten sind? Da denkt man doch, das kontrolliert jemand, bevor das in so eine Zeitschrift kommt… Und dann mache ich ja auch die Fotos alle selbst. Da wird ein Set aufgebaut, ausgeleuchtet und fotografiert. Danach sitzt man sehr lange noch am PC und bearbeitet die Fotos. Vor allem Überblicksartikel wie die Halden-Top 10 sind schon sehr aufwändig …“

Der Beitrag ist super, den hätten WIR nur gerne geschrieben … 

Julius schmunzelt erst, dann lachen wir. „Das war richtig viel Arbeit. Ich bin zur jeder Halde hingefahren, auch nach Moers und Bergkamen. Die Halden dort sind schon toll, aber das war ganz schön weit, öfter werde ich wohl nicht dorthin kommen.“

Dass die Halde Hoheward bei dir auf Platz 1 gelandet ist, freut uns als Hertenerinnen natürlich sehr.

„Mehr kenne ich von Herten aber auch nicht.“

Du hast auch den Tippelsberg in deinen Halden-Top 10. Den kennen wir zum Beispiel noch gar nicht.

„Okay, der ist hier ganz in der Nähe. Wir können später einmal rauf gehen.“

Auf Instagram hast du fast 5.000 Follower. Das ist schon ein ganz schönes Brett.

„Nein, ein bisschen mehr als 4.000,“ korrigiert Julius. „Bei mir gilt ‚Instagram first‘ und wie auch auf dem Blog mache ich da einfach das, worauf ich Lust habe. Das alles ist meine Sicht.“

Als wir in deiner Insta-Story gesehen haben, dass du jetzt ein Stück Feld hast, haben wir dich kontaktiert. Wie kam es denn dazu?

Das war eher Zufall. Tine hat für ihren Blog eine Kooperation bekommen und dann habe ich zufällig ein Gewinnspiel bei „Frau Stiller backt“ gesehen. Da habe ich dann auch tatsächlich gewonnen und so habe ich jetzt diesen Acker hier für ein Jahr. Ich habe schon länger über einen Schrebergarten nachgedacht. Aber das hätte ich nicht allein machen wollen, das ist mir zu viel Arbeit. Da muss man ja noch viel mehr machen als hier. Ich kann mir das immer noch sehr gut mit fünf oder sechs anderen Leuten vorstellen.“

Wie oft kommst du hierher?

„Ich war ja jetzt eine Woche in New York, da ist das Unkraut hier sowas von geschossen. Jetzt habe hier ich in den letzten beiden Tagen erst einmal wieder Ordnung gemacht. Aber sonst bin ich einmal in der Woche für zwei bis drei Stunden hier.“

Konntest du dir aussuchen, was du pflanzt?

„Hier ist ja sehr viel organisiert. Im Schuppen sind alle Geräte, die man braucht. Hier war schon einiges gesät, die Kartoffeln da hinten zum Beispiel. Ich bin fasziniert, wie es bei den Nachbarn wächst und wuchert und wie karg es hier bei mir aussieht. Aber mittlerweile finde ich mich besser zurecht und kann Unkraut erkennen. Das war am Anfang anders, da hatte ich erst Wildblumen gesät und konnte nichts mehr unterscheiden.“

Pottleben - Blogger Julius jätet Unkraut auf seinem Feld

Julius schafft richtig was weg, während wir die kleinen Unkräuter auszupfen und Fotos machen. Dann finden wir ein kleines Pflänzchen und rätseln. „Sieht aus wie Rucola,“ sage ich. „Hm,“ Julius ist sich nicht sicher. Ich reibe vorsichtig an einem Blatt und rieche dran. „Es ist Rucola und der kann richtig groß werden. Und lecker.“

Wir bringen den Berg Unkraut nach vorn, wo am Zaun alle anderen Feldbesitzer ihr Unkraut auch hingeworfen haben und machen eine Pause. Julius besorgt Getränke aus dem Gemeinschaftskühlschrank.

Garten- bzw. Feldarbeit ist ja ein toller Ausgleich zur Schreibtischarbeit, man arbeitet mit den Händen und sieht sofort was man geschafft hat. Wie viel hat dein Feld mit dem Thema gesunde Ernährung zu tun?

„Selbstversorger kann ich von dem bisschen, was ich hier ernten werde, nicht werden,“ grinst Julius. „Aber das Thema beschäftigt mich schon, da ich verschiedene Lebensmittel nicht vertrage und schon versuche, mich so gesund wie möglich zu ernähren. Auch Zucker will ich so gut ich kann vermeiden. Wenn ich mir dann aber die Rezepte auf meinem Blog anschaue, klingt das ganz schön paradox, denn da geht es ja eher um süße Sachen. Aber ich esse das natürlich nicht täglich!“

Und um Gin.

„Ja, das ist eine der wenigen Kooperationen, die ich eingegangen bin. Ansonsten mache ich sowas eher weniger.“

Bekommst du viele Anfragen?

„Wahrscheinlich sehr viel weniger als andere. Es kommt öfter vor, dass mich andere Bloggerfreundinnen und -freunde zu Treffen einladen. Hier im Ruhrgebiet unterstützen sich alle ganz gut. Aber das sind dann oft Termine nachmittags um 4. Da bin ich aber noch im Büro. Hin und wieder nehme ich auch Einladungen zu Events wahr, darüber schreibe ich dann später vielleicht oder erzähle davon in der Insta-Story.“

Du arbeitest in Münster. Geht da nicht viel Zeit für’s Pendeln drauf?

„Ja schon, ich wohne in Innenstadtnähe und bin schnell am Bahnhof. Ich fahre täglich mit dem Zug nach Münster, das geht von Bochum ganz gut. Ich fange auch erst um 9 Uhr an und fahre von daher dann, wenn die Pendler alle schon weg sind und der Zug leer ist.“

Wolltest du nie nach Münster ziehen?

„Als ich 2011 angefangen habe, in der PR-Agentur zu arbeiten, habe ich kurz überlegt. Münster ist aber so … sagen wir so: Hier sind die Leute cooler.“

Fehlt dir etwas im Ruhrgebiet?

„Ja,“ Julius lacht, „das Meer! Und manchmal möchte ich einfach stylishere Menschen ansehen.“

Fährst du dann nach Rüttenscheid?

„Oder nach Düsseldorf.“

Wir haben genug Unkraut gejätet und brechen auf zum Tippelsberg. Julius entpuppt sich als echter Haldenstürmer, wir marschierem in einem strammen Tempo den Berg in wenigen Minuten hinauf.

Oben angekommen hängt eine schwarze Wolke direkt über dem Gipfel. „Schau mal, hier liegt das Gipfelkreuz,“ Julius deutet auf die großen Sitzbänke. Wir stehen da und schauen nach Norden. „Da ist das Horizontobservatorium. Weiter links das Kraftwerk in Wanne. Bei klarer Sicht siehst du auch die Himmelstreppe. Da hinten das Bergbaumuseum, ein Stück weiter das Stadion. Nur von Dortmund sieht man nichts.“

Auf unsere Frage, ob der Tippelsberg denn überhaupt eine Halde sei, erklärt Julius, dass der Tippelsberg eine Schutthalde ist und durch den Bauschutt der U-Bahn entstanden ist.

Wir schauen uns weiter um. In Richtung Herne sitzt ein Pärchen im Gras und schaut in die Ferne. Auf der Bank, dem Gipfelkreuz, sitzen drei Jugendliche und starren in ihre Smartphones. Eine ältere Dame führt ihren Hund aus. Viel ist nicht los.

Warum gehst du so gerne auf Halden?

„Oben auf der Halde schwebt man über allem. Ich fühle mich hier wie ein Souffleur.“

Julius, das war ein sehr schöner Nachmittag mit dir. Es ist toll, was du alles machst.

„Ach, das ist doch nur ein ganz normales Leben.“


[Text und Fotos: Silke König]

3 Kommentare zu „Julius von Ruhrwohl: Ein ganz normales Leben“

  1. Hallo lieber Julius,
    entschuldige bitte, dass ich hier so mit der Tür ins Haus falle, aber ich habe im Netz einige verstörende
    Einträge zu deiner Freundin Juliane- Juli- gefunden …
    Bitte, was ist passiert? Gehts ihr gut und hat sich nur
    OFFiziell zurück gezogen? Für eine kurze Info wäre
    ich dir sehr dankbar. Ich frage nicht aus Neugier, sondern Interessen.
    Frohe Feiertage und
    viele Grüße, Sabine

  2. Pingback: ruhrwohl.de - Mein Garten

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